Irgendwann vor mehr als 13 Jahren begann ich, Texte in den Äther zu schreiben, die für Twitter zu lang und für Bücher zu sehr im Moment verhaftet waren. Es begann auf etwas, das Google Buzz genannt hatte und damit ein soziales Medium imitierte, um es allerdings nach kurzer Zeit wieder aufzugegeben. Da Facebook und ich nie Freunde geworden sind, suchte ich mir eine Plattform namens Posterous aus, die alsbald von Twitter übernommen und geschlossen wurde (ich werde dieses Gebaren der Tech-Konzerne nie so recht verstehen, fürchte ich). Inzwischen hatte ich allerdings bereits ein neues Projekt mit Texperimentales bei hypotheses.org gestartet, wohin ich meine wissenschaftliche Bloggerei (oder das, was ich dafür hielt) verlegte. Tatsächlich wurden dort bislang 160 Beiträge veröffentlicht und auch wenn die Frequenz spürbar abgenommen hat, kommen relativ regelmäßig neue dazu.
Doch auch meine eher generöse Vorstellung davon, welche Veröffentlichen man auf einen wissenschaftlichen Blog umziehen kann, ließ sich nicht auf alle Elemente der Menge der von mir hinterlegten Gedanken anwenden. So blieb unweigerlich ein pêle-mêle schwer kategorisierbarer Schriften zurück, das ich aus sentimentalen Gründen nicht stillschweigend aus diesem Internet verschwinden lassen konnte. Ich eröffnete also auf Tumblr eine Dependenz, die ich Hysteron Proteron nannte. Hauptgrund der Entscheidung pro Tumblr war, dass ich eben nicht noch einen weiteren WordPress-Blog betreiben wollte, weil man solche sowieso überall sieht und ich beruflich noch diverse WP-Blogs neben Texperimentales befülle. Tumbr wurde zwischendurch von Yahoo und schließlich von Automattic erworben, also der Firma, die auch WordPress.com betreibt. Ich weiß nicht genau, wann das UI der Plattform anfing, mich zu nerven, jedenfalls gab es eine Reihe ärgerlicher Vorfälle, in dem mich die Seite zwang, mich anzumelden, obwohl ich lediglich andere Tumblrs zu lesen gedachte und mich angemeldet ins Dashboard steckte, obwohl ich in der Leseansicht bleiben wollte. Auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass sich besonders oft jemand auf meine Posts verirrt hat, will ich doch denjenigen, welchen dieses Schicksal widerfährt, diese kombinierte Login-/Designhölle ersparen.
Seit ungefähr einem halben Jahr habe ich Ausschau nach einer neuen Digitalheimat für meinen Resteblog gesucht und bin dann schließlich bei Substack hängen geblieben. Trotz der Vorlaufzeit war es eher eine Entscheidung aus dem Bauch heraus, deren Gründe in ein paar wenigen, aber sehr angenehm erscheinenden Substacks, die ich lese und in der Scharade von Twitter vom letzten Wochenende liegen, als sich die Muskodons nicht zu blöd waren, einen Kleinkrieg gegen die Plattform hier anzustrengen, der wie alles andere in dieser Shitshow zum großen Teil drei Tage später wieder verpufft war.
In einer Sonntagsmittagsaktion versuchte ich den Umzug der inzwischen erstaunlicherweise auf 131 Einträge angewachsenen Postmenge mit möglichst wenig Aufwand zu bewerkstelligen. Das angeforderte Archiv von Tumblr sah einigermaßen o.k. aus, nach dem Import hier waren allerdings die Links auf den Großteil der Bilder kaputt. Seltsamerweise funktionierten noch einige, ein Muster konnte ich aber leider nicht feststellen. Da die UI einigermaßen Post-änderungsfreundlich angelegt ist, gelang mir aber mit ein wenig Nacharbeit, die relevantesten Lücken zu stopfen. Die Kategorisierungen / Tags scheinen indes verloren, aber sie sind hier offenbar ohnehin nicht Teil des Konzepts. Gegenwärtig findet sich auf Tumbr noch alles gespiegelt, aber was soll’s, in diesem Netz ist eh genug Platz. In welcher Frequenz es hier weitergeht, kann ich jetzt noch nicht absehen. Meine Schreibvergangenheit ist jetzt jedenfalls hier, mehr oder weniger unzusammenhängende 52 Tagebucheinträge aus der Coronapandemie, buntgemixte Berichte zu kulturellen Veranstaltungen, zu Dingen verschiedenster Couleur, die ich gut finde oder fand und wer weiß was sonst noch. Allen gemein ist, dass sie mich irgendwie berührten und dass mir ihre Sammlung auch weiterhin wichtig ist, auch wenn diese dort draußen niemanden ernstlich interessieren wird.